Überall nur Fußball
Da hat das Theater noch nicht mal angefangen und mir geht es jetzt schon auf den Keks. Überall sieht man nur noch Fußbälle, Deutschlandfahnen und Trikots. Anscheinend denkt sich so manche Marketing-Abteilung: „alles verkauft sich, wenn es was mit Fußball zu tun hat“. Was nicht WM ist, wird nicht gekauft. In der neuen Kategorie „Fluffis (fehlendes) Fußball-Fieber“ werde ich diesen Wahn aufgreifen – ich denke, dass sich da noch so einige Sachen finden.
Gestern waren Caro und ich im Kaufland einkaufen. Hier sind die wichtigsten Regeln, die jede Marketing-Abteilung im Fußball-Fieber beachten sollte (nebenbei: ich halte mich an die richtige Fußball-Schreibweise).
Regel 1: Alles was rund ist, ist ein Ball. Alles was ein Ball ist, ist ein Fußball. Alles was ein Fußball ist, ist gut. So auch beim „kinder Fan-Ball“, der eine „DFB Riesen-Überraschung“ verspricht. Da „kinder“ drauf steht, werden hier aller Wahrscheinlichkeit nach wie zu Ostern die Zutaten für Happy-Hippo-Snacks oder ähnliches in eine passende Form gepresst. Und was kann passender sein, als ein Ball? Hier reicht allein die Form aus, um einen regelrechten Ansturm auf das Produkt auszulösen.
2. Regel: Halbzeit ist Essenszeit. Die kurze Pause zur Halbzeit reicht eh nicht aus, um was großes zu Essen. Jeder Snack muss deswegen mit dem Aufdruck „Halbzeit“ versehen werden, zur Kennzeichnung, dass man ihn zwischendurch schnell verspeisen kann. So kommt die „Halbzeit Box“ mit 15 Knoppers daher und bringt netterweise auf der Rückseite gleich eine Torwand und laut Aufdruck auch Fingerpuppenfüße und Ball zum kicken mit. Auch die Keksdose von Lambertz ist groß mit „Halbzeit“ bedruckt. Ein rasenähnlicher, grüner Hintergrund oder ein angedeutetes Spielfeld steigern übrigens die Wahrscheinlichkeit zum spontanen Griff nach dem Produkt um 38,7%.
3. Regel: Trikots braucht das Land. Durch Trikots kann man sich mit seiner Mannschaft identifizieren und wenn zeitlich doch mehr drin ist als nur ein paar Kekse, dann muss die Soße auch im richtigen Trikot gekleidet sein. Fraglich, ob sich die Zielgruppe für „Oranje Sauce“ (Holland) und „Samba Sauce“ (Brasilien) begeistern kann, oder ob nur die „Meister Sauce“ (Deutschland) auf den Tisch kommt. Ja, richtig gelesen, „Meister“-Sauce. Und damit man bei verlorener WM später nicht sagen muss, man wäre bei dieser Namenswahl sarkastisch gewesen, sollte man besser auf Nummer sicher gehen. Nummer 13 ist nun echt eine Unglückszahl, da kann man schnell mal ein Spiel verlieren.
4. Regel: Limited muss sein. Limitierte Sachen müssen einfach gut sein, wieso sollten sie sonst nicht in ausreichender Stückzahl vorhanden sein? Limitiert sind übrigens laut Aufdruck auch die oben erwähnten Soßen, doch mit solchem Kleinkram findet sich der echte Sammler natürlich nicht ab. Wie wäre es statt dessen mit „Golden Goal 2006 Scotch Whisky“ (allerdings schottischer Herkunft) in einer formschönen und sicher ungemein praktischen Flasche in Form eines Fußballschuhs? Bei alkoholischen Getränken zur WM wichtig: um der Alkoholsucht bei schweren Niederlagen vorzubeugen, unbedingt ein Bild aus besseren Zeiten – wie hier der Mannschaft von 1954 – abbilden. Das lässt den in Gedanken zurückschauenden Fan von etwaigen aktuellen schlechten Zeiten abschweifen.
5. Regel: Das Produkt ist Nebensache. Dem Kunden ist egal, was er kauft. Ihn interessiert nur eine in die Zeit passende Verpackung. So sieht das z.B. die mir unbekannte Firma, die ihr Produkt in glänzenden und mit Fußball-Kipp-Bildern bedruckten Bechern verkauft. Ich musste die Verpackung wirklich in die Hand nehmen und eine Weile suchen, bis ich irgendwo ganz klein gelesen habe, dass der Becker Bonbons beinhaltet. Nett ist auch die Fotocollage (wer schießt bitte so vom Tor weg) auf dem Toilettenpapier von Hakle. Zweck der auffälligen Verpackung ist übrigens nicht das Anpreisen von mit Fußbällen bedrucktem Papier (sehr gut für Leute, denen das alles am A. vorbeigeht), sondern es soll auf ein Gewinnspiel aufmerksam gemacht werden. Die Frage „kein WM-Ticket?“ lässt vermuten, dass es Tickets zu gewinnen gibt, also nichts wie rein damit in den Einkaufswagen. Schade nur, wenn sich dann zu Hause herausstellt, dass man lediglich einen Fernseher gewinnen kann, um das Spektakel von zu Hause aus zu verfolgen. Immerhin ist das Papier schön weich.
6. Regel: Auf die Verpackung muss ein Ball. Es ist unerheblich, ob das Produkt selbst etwas mit der WM zu tun hat. Im Laden sieht der Kunde das Produkt im Karton stehen, wenn auf diesem Karton ein Ball drauf ist, dann kauft er es. Wirklich! Diese Methode ist vor allem dann zu wählen, wenn sich das Produkt nicht, wie in Regel 1 beschrieben, selbst in Form eines Balls herstellen lässt.
Viele Grüße
Fluffi
Geschrieben in Fußball, interessant, Tipp, Werbung