Aus dem Leben einer geräucherten Forelle
„Heute wurde ich gegen Abend aus meinem dämmrigen Schlaf gerissen. Es raschelte und wackelte ganz fürchterlich, wäre ich kein Fisch und wäre ich nicht bereits tot, ich wäre sicher seekrank geworden. Ich konnte nichts sehen, denn immer noch war ich mit Papier umwickelt, allerdings bemerkte ich, dass es ein paar Grad wärmer um mich herum wurde. Das Geraschel wollte gar nicht aufhören, als plötzlich – ich war regelrecht geblendet – das Sonnenlicht meine stumpfen Augen erreichte. Ich sah mich um. Allem Anschein nach lag ich ausgewickelt auf dem Stück Papier, in das ich vor ein paar Tagen auf dem Mark eingewickelt worden war.
Vor mir sah ich ein Messer aufblitzen, aber seltsamerweise bemerkte ich nicht, wie an meinem Rücken in Höhe der linken Rückenflosse zum Schnitt angesetzt wurde. ‚Es reicht wohl nicht, dass schon mein ganzer Bauch offen ist‘, dachte ich mir. Es kitzelte ein bisschen, als mir mit einer Gabel meine lecker geräucherte linke Körperhälfte abgetragen wurde und ich konnte gerade noch sehen, wie meine bessere Hälfte auf ein Butterbrot ladete und schon war ich wieder in Papier eingewickelt. Ich lag wieder in meinem kühlen Versteck, als ich eine dumpfe Stimme ‚hmmm ist das lecker‘ sagen hörte. Endlich war mal was los, ich freu mich schon auf das nächste mal, wenn ich an die frische Luft gelassen werde.
Viele Grüße
Forelle :)“